Vergangenheit

Gelangweilt schlenderte ein kleiner, braunhaariger Junge auf dem Marktplatz des Dorfes herum und beobachtete mit wachsamen Blick die Menschen hinter den Ständen. Er machte sich jedes Mal, wenn er hier war einen Spaß daraus die Verkäufer zu beobachten, wie sie versuchen 10 Menschen gleichzeitig zu bedienen. Dann erinnerte er sich an seine Aufgabe. "Kaufe einen Brotlaib und etwas Obst.", das war es was seine Mutter ihm eingeprägt hatte. Ihr Bauch war bereits zu einer beträchtlichen Größe gewachsen, jetzt wo er darüber nachdachte, und Nathanel freute sich bereits lange auf das neue Familienmitglied. Es konnte nicht mehr lange dauern. "Es wird ein Mädchen, ich spüre das." Pflegte sein Vater zu sagen, doch Nathanel betete täglich für einen kleinen Bruder, mit dem er im Wald kleine Hütten aus Ästen bauen würde, in denen er sich mit ihm versteckte, wenn ihnen die Hausarbeit einmal zu viel wurde. Mit dem er sich Schwertkämpfe mit Stöcken lieferte und vom Rittersein träumte, seinem sehnlichsten Wunsch. Ja, darauf freute er sich sehr.
Die Worte seiner Mutter im Kopf wiederholend ging er zielstrebig auf einen der vielen Stände zu, um seiner Aufgabe nachzukommen. Doch plötzlich wurde sein Blick auf einen dunklen Rotschopf gezogen. Ein Junge der seiner Größe nach zu urteilen etwas jünger als er selbst sein musste hielt sich an dem Kleid seiner Mutter fest und lief ihr, wie ein Küken seiner Entenmutter, hinterher. Sein Gehirn arbeitete, als es überlegte, ob er den Jungen bereits gesehen hatte, aber nein, solche Haare hätte er sich gemerkt. Im Licht der Sonne loderten sie wie Feuer und er konnte nicht seine Augen ihnen Wenden.

Es war ein warmer Tag in Kyrandia, Insekten flogen umher und versuchten sich auf den duftenden Früchten des Obsthändlers niederzulassen und Mägde sowie Hausfrauen verrichteten im Schweiße ihres Angesichts ihre Einkäufe zum Wochenende.
Zwischen all den von der Sonne ausgeblichenen Gewändern und Haaren blitzte ab und zu ein intensiver, roter Schopf auf, der einer aufgekleideten jungen Herrin und ihrer Leibmagd durch die Stoffstände folgte.
Die Herrin war ohne Zweifel attraktiv und doch wurde ihrem eigentlich schmalen, kindlich wirkenden Gesicht mit den großen Augen durch den geraden Mund und die strikt blickenden Augen der sanfte Hauch der Jugend genommen.
Raiden - hatte er doch Mühe sich ohne hinzufallen durch die Menschenmassen zu bewegen - setzte vorsichtig einen Fuß vor den anderen, um seine Sonntagskleider nicht zu beschmutzen.

Nathanel betrachtete das blass wirkende Gesicht des Jungen, als der Rotschopf plötzlich aus seinem Blickfeld verschwand, nur um ein bisschen weiter unten wieder aufzutauchen. Der Jüngling hatte sich unfreiwillig der Länge nach auf den staubigen Boden hingelegt, und er sah zwischen den vielen Fußpaaren ziemlich zerknirscht aus.
Der Braunhaarige rannte durch die Menschenmassen auf ihn zu. Als er den Fremden schließlich erreichte hielt er ihm lächelnd eine Hand hin, darauf wartend, dass er seine Hilfe annahm.

Raiden rieb sich seine schmerzende Wange, als eine Kinderhand in sein Sichtfeld kam, die zu einem brünetten Jungen gehörte.
Der Rotschopf nahm die Hand, blickte sich vorher aber noch nach seiner Mutter um, und zog sich an ihr hoch.
"D-danke.", er klopfte etwas Schmutz von seiner Hose und sah sich erneut um, "Entschul..digt, aber..habt ihr meine M-mutter gesehen..?"

Nathanel betrachtete die Schramme an des Jungen Wange. "Nein, als du hingefallen bist habe ich die Frau aus dem Blick verloren.", antwortete er schlicht. "Ich kann dir aber helfen sie zu finden." Nathanel strahlte sein verloren aussehendes Gegenüber an. Seine Mutter konnte getrost eine Stunde auf das Essen warten; sie wusste, dass er sich gerne im Dorf herumtrieb. "Ich bin mir nicht sicher, aber ich glaube sie ist in diese Richtung gegangen", vermutete Nathanel. "Zusammen finden wir sie schneller."

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